Spätantike und frühmittelalterliche Sozialstruktur in Basel aus archäologischer und naturwissenschaftlicher Sicht
Mit dieser Arbeit wird eine neue, zusammenfassende Auswertung der spätantiken und frühmittelalterlichen (4. – 7. Jh. n. Chr.) Bestattungen und Bestattungsplätze Basels vorgelegt. Dieser interdisziplinäre Ansatz umfasst eine komplette archäologische Neuuntersuchung der Bestattungspraktiken und der Funeraltopographie in diesem Zeitraum, Netzwerkanalysen basierend auf der europaweiten Verteilung von in Basel nachgewiesenen Gürtel- und Fibeltypen, eine Literaturübersicht der in den letzten Jahrzehnten publizierten Studien zur Anwendung von Isotopenanalysen in der Erforschung der «Völkerwanderungszeit» sowie eine naturwissenschaftliche multiproxy Fallstudie aus Basel-Waisenhaus, in welcher traditionelle Völkerwanderungsnarrative in Frage gestellt worden sind.
Die archäologische Analyse der spätantiken und frühmittelalterlichen Bestattungspraktiken in Basilia bzw. Bazela und die kulturhistorische Interpretation der Ergebnisse zeigen nicht nur erwartete, chronologisch bedingte sowie Fundstellen-spezifische Besonderheiten, sondern heben auch nennenswerte, bisher unterschätze Gemeinsamkeiten zwischen Bestattungsgemeinschaften beiderseits des Rheins hervor. Dies deutet einerseits auf einen regen kulturellen Austausch zwischen beiden Rheinseiten während der gesamten Periode hin und nuanciert das Konzept einer scharfen Trennung zwischen unterschiedlichen kulturellen Einheiten. Andererseits lässt die Diversität der Praktiken eine mögliche Koexistenz von verschiedenen (Bestattungs-)Gemeinschaften erahnen, die womöglich unterschiedliche sozio-politische Funktionen innehatten, eine auf unterschiedlichen Subsistenzstrategien basierte Organisation aufwiesen, in unterschiedliche Netzwerke einbezogen waren und/oder unterschiedliche
Migrationshintergründe aufzeigten.
Insbesondere Isotopen-Analysen bieten in diesem Kontext die Möglichkeit, zusätzliche Informationen zur Mobilität einzelner Individuen und deren Ernährungsgewohnheiten zu gewinnen, was indirekt Auskunft auf Sozialstruktur und Bevölkerungsdynamik gibt. Dabei ersetzt europaweit allmählich das Konzept einer dynamischen, anpassungsfähigen, zumeist auf regionaler Ebene organisierten Gesellschaft, in welcher die individuelle Mobilität zahlreicher Akteure eine wichtige Rolle spielte, die bisher geltenden Narrative zu massiven Migrationswellen und kulturellem Untergang in der Spätantike. Anhand der hier vorgelegten Pilotstudie Basel-
Waisenhaus, konnte das Potential interdisziplinärer Forschung zur Neuinterpretation archäologischer Kontexten
in der Frühmittelalterarchäologie aufgezeigt werden. Darüber hinaus wird kritisch auf die methodischen Grenzen naturwissenschaftlicher Ansätze in der Archäologie hingewiesen und am Beispiel der Isotopenanalyse kontrovers
diskutiert.
Diese Dissertation bildet dabei die Grundlage für das SNF-geförderte Folgeprojekt, in welchem die Mobilität der einzelnen in Basel bestatteten Individuen und somit die Bevölkerungsdynamiken in Basilia/Bazela anhand von aDNA- und Isotopenanalysen untersucht werden.
https://edoc.unibas.ch/95829/
https://edoc.unibas.ch/95829/
https://edoc.unibas.ch/95829/1/Dissertation_Margaux_Depaermentier_edoc.pdf